Zukunftsfähiger Bergsport im Nationalpark Sächsische Schweiz
Positionspapier des Vorstandes des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB) im DAV, des Präsidiums des Sächsischen Wandersport- und Bergsteigerverbandes (SWBV), des Vorstandes der Akademischen Sektion Dresden (ASD) des DAV und der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz
1. ANLIEGEN
Ebenso wie die Förderung des Bergsteigens ist das Eintreten für die Belange des Naturschutzes satzungsmäßiges Ziel des Deutschen Alpenvereins (DAV) und der anderen deutschen Bergsportverbände. Bergsteigen mit der Selbstverpflichtung zum dauerhaft schonenden Umgang mit der Natur entspricht zugleich dem Erfordernis der Nachhaltigkeit. Insbesondere für die Sächsische Schweiz setzen sich die Bergsportverbände deshalb für die Beachtung einer nach den Erfordernissen des Naturschutzes begründeten Grenze der Belastbarkeit ein. Ziel ist die Erarbeitung einer mit den Behörden abgestimmten bergsportlichen Raumplanung, die ein dauerhaftes Miteinander von Menschen, Tieren und Pflanzen in der Sächsischen Schweiz ermöglicht.
Die Verwaltung für den Nationalpark (NLP) Sächsische Schweiz hat u.a. die Aufgabe, Programme und Konzepte für den Schutz, die Pflege und die Entwicklung des NLP aufzustellen und für deren Durchführung zu sorgen (§ 43 Abs. 3 Ziff. 1 SächsNatSchG). Im Mittelpunkt steht dabei die Umsetzung des vorrangigen Schutzzweckes des NLP, die Sicherung eines möglichst ungestörten Ablaufs der Naturvorgänge und die Erhaltung der von Natur aus heimischen Tier- und Pflanzenwelt (§ 17 Abs. 2 S.2 SächsNatSchG). Ziel des NLP ist es jedoch auch, der Bevölkerung Bildung und Erholung einschließlich traditioneller Formen des Sächsischen Bergsteigens zu ermöglichen, soweit es der Schutzzweck erlaubt (§ 3 Abs. 1 Ziff. 3 NLP-VO). Aufbauend auf den im NLP-Programm (Abschnitt 3.5 Erholung) festgelegten Grundsätzen ist dazu eine detaillierte Konzeption zur Besucherlenkung im NLP für den Zeitraum von mindestens 10 Jahren zu erarbeiten und schrittweise umzusetzen (§ 5 Abs. 2 NLP-VO).
Ausgehend von den grundsätzlich gleichen Anliegen sowie den traditionell guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Bergsport und Naturschutz in der Sächsischen Schweiz vereinbaren die Vorstände des SBB und der ASD, das Präsidium des SWBV und die Nationalparkverwaltung, den Teil „Bergsport“ der „Konzeption Besucherlenkung im Nationalpark“ gemeinsam zu erarbeiten und umzusetzen.
2. GRUNDSÄTZE
Ziel der gemeinsamen Konzeption ist es, auf der Grundlage konkreter naturschutzfachlicher und bergsportlicher Erfassungen und Bewertungen
a) Möglichkeiten für eine stärkere räumlich – zeitliche Entflechtung von Bergsport und Naturschutz aufzuzeigen, insbesondere in den Kernzonen, und mit deren Umsetzung zu einer weiteren Ausprägung des Ruhecharakters des Gebietes beizutragen,
b) die Lebensräume der für die Sächsische Schweiz charakteristischen Pflanzen- und Tierarten nachhaltig vor Zerstörung und Beeinträchtigung zu schützen,
c) die im NLP erforderlichen Einschränkungen für den Bergsport zu minimieren, nachvollziehbare naturschutzfachliche Begründungen dafür aufzuzeigen sowie Möglichkeiten für Alternativen zu prüfen.
2.1. Felsklettern
Felsklettern ist nur an den von der Nationalparkverwaltung bestätigten Kletter-felsen und Kletterwegen und unter Beachtung der traditionellen Sächsischen Kletterregeln gestattet (§ 6 Abs. 1 Ziff. 20 NLP-VO). Für die 745 (bergsportlich anerkannten) Klettergipfel im NLP erfolgt eine naturschutzfachliche und bergsport-liche Bewertung unter folgenden Gesichtspunkten:
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Lage des Felsens
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Bedeutung des Felsens für den Klettersport
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naturschutzfachliche Bewertung
Im Ergebnis werden folgende Empfehlungen zur weiteren Behandlung gegeben:
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Nutzung ohne Einschränkung, z.B. Klettergipfel in touristisch und berg-sportlich erschlossenen Bereichen ohne Vorkommen gefährdeter Pflanzen- oder Tierarten im Fels- und Zugangsbereich,
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Kennzeichnung der zugelassenen Sockelbereiche,
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Sperrung einzelner Kletterwege, z.B. Kletterwege mit Zugang vom touristisch nicht erschlossenen Massiv mit Vorkommen gefährdeter Pflanzen- oder Tierarten,
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jahreszeitliche Sperrung des Klettergipfels (entsprechend naturschutz-fachlicher Notwendigkeit, in der Regel vom 15.02. bis 15.07. eines jeden Jahres), z.B. Klettergipfel in einem sonst touristisch nicht erschlossenen Bereich mit aktuellen bzw. potenziellen Vorkommen gefährdeter Tierarten (z.B. Brut- und Wohnstätten, Nahrungsbiotope) oder mit aktuellen Vorkommen gefährdeter, trittempfindlicher Pflanzenarten (z.B. Bestandes-gefährdung besonders geschützter Biotope und Rote-Liste-Arten),
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ganzjährige Sperrung des Klettergipfels, z.B. Klettergipfel in einem berg-sportlich und touristisch sonst nicht erschlossenen (Ruhe-) Bereich mit Vorkommen gefährdeter Pflanzen- oder Tierarten oder starken Erosions-erscheinungen im unmittelbaren Zugangsbereich.
Die Sperrungen werden im Gelände in geeigneter Weise ausgewiesen. Bei ganzjähriger Sperrung erfolgt zusätzlich eine teilweise Beräumung der klettersportlichen Einrichtungen.
Über die (bergsportlich anerkannten) Klettergipfel hinaus erfolgt im Allgemeinen außerhalb der Kernzone eine Bewertung bisher nicht anerkannter Felsen. Eine Bestätigung derartiger Gipfel durch die zuständige Naturschutzbehörde wird dann in Aussicht gestellt, wenn die Bewertung nach vorstehenden Kriterien dies zulässt.
2.2. Kletterzugänge
In der NLP-Kernzone wird jeder Kletterzugang im Gelände gekennzeichnet. Angestrebt wird die Markierung der Kletterzugänge (schwarzes Dreieck auf weißem Grund mit Spitze in Richtung Klettergipfel bzw. Kletterweg, z.B. Bergweg) jedoch im gesamten NLP und darüber hinaus im LSG. Kletterzugänge sollen dabei von Wanderwegen, Forststraßen oder Bergpfaden aus auf der möglichst kürzesten, naturschonendsten Linie bei geringem Ausbaugrad erfolgen. Sie erhalten nur an notwendigen Stellen entsprechende Kennzeichnungen. Diese dienen im NLP vorrangig der Legalisierung der Benutzung und im LSG eher der Erosionsvermeidung; in beiden Gebieten aber nicht deren Bewerbung. Die Kennzeichnungen können durch kleine Hinweis-Schilder (Erläuterung der Erschließung für den Klettersport) ergänzt werden.
2.3. Freiübernachten (Boofen)
Im Nationalpark ist das Freiübernachten grundsätzlich verboten (§6 Abs. 1 Ziff. 13 NLP-VO). Ausgenommen davon ist lediglich das Freiübernachten in Felsgebieten außerhalb der Kernzonen, soweit der Schutzzweck dadurch nicht beeinträchtigt wird (§7 Abs. 1 Ziff. 9 NLP-VO). Mit dem Schutzzweck vereinbar sind Boofen hier grundsätzlich nur dann, wenn sie sich im Bereich von bestätigten Klettergipfeln und/oder Wanderwegen, Bergpfaden bzw. Kletterzugängen befinden. Im Ergebnis der Bewertung aller bekannten Boofen wird eine Liste mit einer hinreichend großen Anzahl bestätigter Boofen außerhalb der Kernzonen erarbeitet. Diese werden im Gelände in geeigneter Weise gekennzeichnet. An allen anderen Stellen im Nationalpark ist das Freiübernachten künftig untersagt. Feste Ausbauten (außer Sitzbalken) sind auch in bestätigten Boofen unzulässig und werden von der Nationalparkverwaltung entfernt. Mit dem Schutzzweck ebenfalls nicht vereinbar ist Lärmen, Feuern und Liegenlassen von Abfall.
2.4. Zugelassene Feuerstellen
Die Bergsportverbände wünschen, dass im Zuge der gebietsweisen Erstellung der Konzeption auch Vorschläge für mögliche Feuerstellen diskutiert und erarbeitet werden, deren Zulassung bei den zuständigen Staatsforstämtern beantragt werden soll. Dabei liegt die Zulassung und Einrichtung von Feuerstellen vorrangig im Zuständigkeitsbereich der Staatsforstämter.
3. VORGEHEN
Die Erarbeitung einer „Konzeption Besucherlenkung im Nationalpark“ – Teil Bergsport (Entwurf) erfolgt durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Ansprechpartner ist seitens
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der Bergsportverbände: Herr Dietmar Heinicke
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der NLP-Verwaltung: Herr Andreas Knaak
Die Erarbeitung erfolgt gebietsweise nach dem Kletterführer Sächsische Schweiz (HEINICKE et al 1991).
Die Handlungsempfehlungen (Abschlussprotokoll) der gemeinsamen Arbeitsgruppe werden durch den 1. Vorsitzenden des SBB im DAV, die Nationalparkverwaltung und das zuständige Sächsische Forstamt unterzeichnet und bedürfen der Bestätigung durch die oberste Naturschutzbehörde. Die Bekanntmachung erfolgt in geeigneter Art und Weise und die Umsetzung im Gelände gebietsweise.
Die Vorstände des SBB und der ASD, das Präsidium des SWBV und die Nationalparkverwaltung stimmen das weitere Vorgehen regelmäßig miteinander ab. (aktualisierte Fassung, 2001)