Integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung 2 Auszeichnung zu fällender Bäume
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28.03.2025

Integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung: Förster der Nationalpark- und Forstverwaltung von Sachsenforst arbeiten gezielt mit der Natur

In den letzten Wochen führte das Forstunternehmen René Richter im Revier Lohmen Waldpflegearbeiten durch. Revierleiter Knut Tröber ist seit fast 26 Jahren für die Pflege der Waldbestände innerhalb und außerhalb des Nationalparks im Bereich Lohmen verantwortlich. Seit 2024 gehören auch die Staatswälder bis Dürrröhrsdorf-Dittersbach dazu.

Wie seine Försterkolleginnen und -kollegen im gesamten sächsischen Staatswald folgt er dabei den Prinzipien der integrativen naturgemäßen Waldbewirtschaftung, kurz INW. Kern dieses Konzepts ist eine dynamische Arbeit mit der Natur: Naturschutz-Maßnahmen sind genauso wichtig wie die Holznutzung und die Erholungsvorsorge. Die Förster setzen in der Waldbewirtschaftung bewusst auch auf natürlich ablaufende Prozesse der Waldentwicklung. Ihr Ziel sind strukturierte, standortgerechte und stabile Mischwälder. Diese sind robuster und anpassungsfähiger als überwiegend gleichaltrige Nadelholzreinbestände. 

„Wir Förster haben mit der INW eine Grundlage für die Waldbewirtschaftung, die wir angepasst an die örtlichen Gegebenheiten umsetzen“, so der Revierförster.

In einem Waldgebiet außerhalb des Nationalparks nahe der Lohmener Försterei erklärt Knut Tröber sein Vorgehen bei der Bestandespflege. Die Waldpflegemaßnahmen werden zum überwiegenden Teil mit einem Harvester ausgeführt. In Bereichen mit Waldverjüngung kommen Waldarbeiter mit Motorkettensäge zum Einsatz.

Kleine Bäume verschiedener Baumarten stehen hier neben über 30 Meter hohen und mehr als 120 Jahre alten Bäumen. An einer Stelle wachsen junge Weißtannen aus Gruppen kleiner Fichten. „Ich werde einen Teil der Fichten entnehmen, damit die Tannen weiterwachsen können“, so der Förster. Neben der Weißtanne fördert er Eiche, Buche, Ahorn und Kiefer. Denn für diese Baumarten passen die Bodenbedingungen am Standort. Sie zu fördern heißt allerdings Nachbarbäume zu entnehmen, um die Konkurrenz um Wasser, Licht und Nährstoffe zu verringern. So unterstützt Knut Tröber die Mischung der Baumarten. 

Auch „Samenbäume“ fördert er gezielt. Sie sorgen für die natürliche Verjüngung des Waldes. Der Vorteil: Die natürliche Verjüngung ist kostenfrei im Vergleich zur Aufzucht und Pflanzung von Jungpflanzen aus der Baumschule. Zugleich ist der natürliche Jungwuchs stabiler als Pflanzgut. 

Zentraler Bestandteil der INW ist auch das Anlegen bzw. der Erhalt von Kleinbiotopen. Alte Bäume mit Höhlen dienen beispielsweise als Biotopbäume für Vögel und andere Lebewesen. „Wir wollen wertvolles Holz erzeugen und gleichzeitig Bäume mit besonderen ökologischen Eigenschaften sowie Totholz im Wald belassen. Sie sind wichtig für die Vielfalt im Lebensraum Wald“, erklärt Knut Tröber. 

In einem benachbarten Bereich fällt, entastet und zerschneidet das Forstunternehmen mit einem Harvester die von Knut Tröber markierten Bäume. Ein Harvester ist eine Forstspezialmaschine mit einem Fällaggregat an einem ca.10 m langen Kranarm. Um Schäden am Waldboden zu vermeiden, dürfen sich die schweren Forstmaschinen nur auf sogenannten Holzrückegassen bewegen. Diese liegen in der Regel im Abstand von 40 Metern im Bestand.

Nachdem in den letzten Jahren viele vom Borkenkäfer befallene Bestände bearbeitet werden mussten, kann er sich gegenwärtig wieder der planmäßigen Waldpflege widmen.

„Das aktive Gestalten des Waldes mit der Nutzung von natürlichen Ressourcen zu verbinden ist eine interessante und anspruchsvolle Tätigkeit, die uns Revierleiter immer wieder vor neue Herausforderungen stellt“, so die Aussage des Revierleiters.

Neben Flächen im Wirtschaftswald gehören zu seinem Revier auch Waldflächen im Nationalpark. Hier gilt überwiegend das Motto „Natur Natur sein lassen“. Im Ruhebereich des Nationalparks hat seit den trockenen Jahren 2018/2019 der Borkenkäfer viele der früheren Fichtenforste zum Absterben gebracht. Dort ist zu beobachten, wie sich der Wald ohne menschlichen Eingriff entwickelt.

Hintergrund: 

Basierend auf einem Erlass des Sächsischen Ministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft aus dem Jahr 2022 ist der Wald im Eigentum des Freistaates Sachsen nach den Vorgaben der Integrativen naturgemäßen Waldbewirtschaftung, kurz INW, zu bewirtschaften. Ziel dieser an der Natur orientierten Bewirtschaftung ist es, die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes auch in Zukunft zu gewährleisten. 


Erklärung des Begriffes INW:

Die integrative Waldwirtschaft strebt an, verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald gerecht zu werden. Sie verfolgt das Ziel, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleichermaßen bei der Bewirtschaftung der gesamten Waldfläche zu beachten (Kraus, Krumm 2013). Zugrunde liegt die Erkenntnis, dass eine integrative Bewirtschaftung, die Ökosystemleistungen ausgewogen berücksichtigt, Wälder resilienter und attraktiver macht (Larsen et al. 2022).

Weitere Informationen auf der Internetseite des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft unter https://www.wald.sachsen.de/waldbewirtschaftung-4061.html

BU:

Foto: K. Partzsch

Wertvolles Fachwissen: Revierförster Knut Tröber (r.) hat einen Baum für die Fällung markiert und erklärt der Forstinspektoranwärterin Franziska Mibs das Vorgehen bei der Bestandespflege mit der Auswahl der zu fällenden Bäume.